Van Gogh in Arles
Ende des 15. Jahrhunderts war das südfranzösische Procence- Städtchen Arles politisch an den Rand des Königreichs gerückt und fiel in einen tiefen Provinzschlaf in der dünn besiedelten Camargue, aus dem es sich nur von einem dahergelaufenen Maler schrecken ließ:
Vincent Van Gogh.
»Sehr geehrter Herr Bürgermeister« schrieben die Biedermänner der Stadt, »wir, die Unterzeichner, Bewohner von Arles, Lamartine-Platz, haben die Ehre, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass ein gewisser Vood (Vincent), Landschaftsmaler holländischer Herkunft und wohnhaft am gleichen Platz, seit einiger Zeit und zu wiederholten Malen unter Beweis gestellt hat, dass er nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist und dass er sich nach übermäßigem Alkoholgenuss in einem Zustand der Überregtheit befindet ...«
Die Stadt brauchte und wollte van Gogh nicht.
Kaiser, Könige und Kirche hatten die Bewohner und die imposanten Gemäuer in eine wohlige Hülle der Selbstzufriedenheit verpackt.
Baudenkmäler aus zwei Jahrtausenden rangen um Platz und Portikareste wuchsen aus Häuserwänden einfacher Bürgerhäuser.
Hatte die Stadt einen Maler nötig, der sich für all das nur wenig interessierte und lieber Postboten, Wirtsleute und Blumen malte? Die Bewohner waren sich einig. Bloß weg mit dem Kauz hinter Schloss und Riegel einer Heilanstalt.
Das „Gelbe Haus“ an der Place Lamartine, in dem sich van Gogh ein Zimmer mit sonnenfarbenen Möbeln eingerichtet hatte, wurde von deutschen Wehrmachtsoldaten in Trümmer gelegt und nicht wieder aufgebaut.
Aber mit seinen über 1000 Bildern hat sich van Gogh zu Recht einen grossen Namen geschaffen, und der Stadt Arles, trotz aller Ablehnung seitens ihrer Bewohner, ein berühmtes Erinnerungsstück hinterlassen:
Die Brücke von L'Anglois bei Arles, besser bekannt als „Die Zugbrücke“.
Längst hat sich Arles zu einer ausgeschlafenen 50 000-Einwohner-Stadt gemausert. Die flächenmäßig größte Gemeinde Frankreichs lebt ganz gut von Reisfeldern und Reisenden der Camargue.
Das Krankenhaus, in das der Maler nach seiner Selbstzerstümmelung eingewiesen wurde, wurde zu einem schnieken Kulturzentrum. Auch andere Mauern wurden aufwendig restauriert und sehen nun aus, als seien sie niemals alt gewesen. Dazwischen aber schlingen sich verbeulte Dachrinnen um schlanke Säulen und wuchern Pflanzen aus antiken Mauerritzen wie zu van Goghs Zeiten.
Aus dem Leben van Goghs:
Vincent Willem van Gogh wurde am 30. März 1853 in Groot-Zundert (heute: Zundert) bei Breda, Niederlande geboren. Van Gogh starb durch Selbstmord am 29. Juli 1890 in Auvers-sur-Oise, Frankreich. Der niederländische Meister gilt als einer der Begründer der modernen Malerei.
Das Hospital, in dem van Gogh nach seiner Selbstverstümmelung zusammengeflickt wurde, ist heute der Espace van Gogh. In den Schaufenstern des Kulturzentrums hängen Postkarten und Poster der Originale, die man heute in Arles schmerzlich vermisst.
Als die Stadt das Geld für den Erwerb eines Gemäldes zusammenzukratzen begann, waren gerade die „Schwertlilien“ für 53,9 Mio. Dollar über Sotheby's Tresen gegangen. Zuviel für den schmalen Stadtsäckel.
So restaurierte man stattdessen für ein Zehntel der Summe das Hospital und verfügt nun wenigstens über das wiederhergestellte Original des van Goghschen Gemäldemotivs „Le Jardin de la Maison de Santé“.
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